Diapharm war eines der ersten Unternehmen, die Probiotika in Deutschland marktfähig gemacht haben: Unter den Markennamen „präbiotik®“ und „probiotik®“ hat Firmengründer Dr. Stefan Sandner bereits 1995 eines der ersten Multispezies-Produkte in Deutschland etabliert – und dem Gattungsbegriff „Probiotik“ zum Durchbruch verholfen. Über die Jahrzehnte haben wir im Auftrag unserer Klienten Dutzende solcher Projekte regulatorisch begleitet und verfolgen die sich stetig ändernden regulatorischen Anforderungen an Probiotika als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel, Medizinprodukt oder Arzneimittel deshalb aus nächster Nähe. Aktuell stehen Probiotika erneut vor einem Wandel.
Für den Spezialfall „Probiotikum als Medizinprodukt“ hat sich 2017 der Vorhang gesenkt: Die im Mai verabschiedete Medizinprodukte-Verordnung (EU) 2017/745 schließt Probiotika explizit aus ihrem Geltungsbereich aus. Damit dürfen beispielsweise Vaginalzäpfchen zur Vorbeugung gegen Vaginalinfektionen – derzeit als Medizinprodukt verkehrsfähig – ab Mai 2020 nicht mehr vertrieben werden. Diverse Hersteller bringen deshalb bereits alternative Produkte mit anderen Verkehrsfähigkeiten in Stellung, etwa als Arzneimittel.
Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel dürfen Probiotika enthalten – aber kaum damit werben. In den 10 Jahren seit Inkrafttreten der Health Claims Verordnung sind sämtliche Versuche ins Leere gelaufen, eine Zulassung für gesundheitsbezogene Werbeaussagen für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel mit lebenden Mikroorganismen zu erhalten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat mehr als 400 solcher Health-Claim-Anträge abgelehnt. In der Praxis, so scheint es, wollen EFSA bzw. EU-Kommission grundsätzlich keine Probiotika-Claims zulassen.
Einige Gerichte, insbesondere in Deutschland, sind aktuell sogar der Auffassung, dass die Worte „mit Probiotika“ allein und ohne weitere Wirkaussage einen Health Claim darstellen und daher untersagt seien. Die EU prüft derzeit (immer noch), ob zumindest der allgemeine Begriff „probiotisch“ als Beschreibung akzeptabel wäre. Ob diese Prüfung überhaupt zu einem Ergebnis führen wird, ist noch offen.
Freundlicher sieht die Zukunft für diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke aus, die Foods for Special Medical Purposes, kurz FSMP. Die EU-Verordnung für FSMP ermöglicht die Kennzeichnung und Werbung mit krankheitsbezogenen Inhalten. Hierunter fallen auch die im deutschsprachigen Raum bekannten ergänzenden bilanzierten Diäten (EbD), die 2016 per EU-Verordnung europaweit harmonisiert wurden. Sie dienen dem Diätmanagement bei Vorliegen einer bestimmten Krankheit.
Das bedeutet, dass FSMP und insbesondere Ergänzende bilanzierte Diäten mit Probiotika zumindest derzeit mit krankheitstsbezogenen Aussagen werben dürfen. Aktuell begleiten wir mehrere solcher FSMP-Projekte. Wie so oft bei Lebensmitteln kommt es jedoch auf den Einzelfall und die konkrete Ausgestaltung an, absolute Rechtssicherheit besteht nicht. Details dazu in einem separaten Blogbeitrag in den kommenden Wochen!
Eine regulatorisch spannende Alternative für Probiotika stellt der Arzneimittelbereich dar. Probiotika als Arzneimittel werden unter anderem angewendet zur Behandlung von Vaginalmykosen und von Darmerkrankungen. Der lange Weg zum Arzneimittel kann sich lohnen durch die Erteilung von festen und dauerhaft abgesicherten Indikationen. Auch dieses Thema werden wir in den kommenden Wochen mit einem separaten Beitrag hier im Blog genauer beleuchten.
Die Zukunftsaussichten für Consumer Healthcare Produkte mit Probiotika sind gar nicht schlecht: Zwar werden Medizinprodukte mit lebenden Mikroorganismen aus formalen Gründen ihre Verkehrsfähigkeit verlieren. Und Lebensmittel/ Nahrungsergänzungsmittel erhalten de facto keine Probiotika-Claims. Doch mit der FSMP-Unterkategorie der Ergänzenden bilanzierte Diät (EbD) steht hier eine Alternative zur Verfügung. Und für Arzneimittel mit ihren durch Zulassung rechtlich abgesicherten Indikationen steht der Markt ohnehin offen.