Die gute Nachricht zu Beginn: dass Bestandsprodukte doch noch rechtzeitig in die MDR überführt werden können, wird immer wahrscheinlicher. Der europäische Gesetzgeber und die Kommission haben den dafür notwendigen gesetzlichen Rahmen konkretisiert – Benannten Stellen und Herstellern wird mehr Zeit für die Konformitätsbewertungsprozesse eingeräumt werden.
Die Verordnung (EU) 2023/607 zur Verlängerung der Übergangsvorschriften von MDR und IVDR ist am 20.03.2023 in Kraft getreten. Nun hat die Europäische Kommission mit einem Fragen und Antwort Dokument (Q&A) deren Interpretation und Implementierung klargestellt.
Die wesentlichen Aspekte:
Die verlängerten Übergangsfristen gelten für jene Bestandsprodukte, die tatsächlich in die MDR überführt werden, oder für die der Hersteller im Zuge der Antragstellung ein konkretes Nachfolgeprodukt benennt. Ausschlaggebend für die Länge der Übergangsfristen ist die Klassifizierung gemäß Anhang VIII MDR, während für die erforderlichen Überwachungsaktivitäten für die Bestandprodukte die Klassifizierung gemäß Anhang IX MDD gilt. Für die formale Antragsstellung und den Abschluss des Vertrages gemäß Art. 120 (3c), Unterpunkt (e) MDR ist seitens der Benannten Stellen keine abschließende Antragsprüfung gemäß Anhang VII, Abs. 4.3, Unterabsatz 3 MDR erforderlich. Allerdings sollen die eingereichten Unterlagen der Benannten Stelle die Verifizierung von Qualifizierung, Klassifizierung und gewähltem Konformitätsbewertungsverfahren ermöglichen. Die Nutzung der verlängerten Übergangsfristen für die Bestandsprodukte wird legitimiert: die Technischen Dokumentationen müssen nicht für jedes vom Antrag erfasste Medizinprodukt bis zum 26.05.2024 eingereicht werden. Vielmehr sollen alle Bestandsprodukte, die in die MDR überführt, oder für welche Nachfolgeprodukte benannt werden, in einer Liste CE gekennzeichneter Produkte ausgewiesen werden. Der Vertrag zwischen Hersteller und Benannter Stelle sollte zudem einen Zeitplan enthalten, wann im Verlauf der verlängerten Übergangsfristen die technischen Dokumentationen bei der Benannten Stelle eingereicht werden.
Spätestens ab dem 27.09.2024 wird die für die MDR Zertifizierungen eingebundene Benannte Stelle auch für die Überwachung der Bestandsprodukte zuständig, für die eine andere Benannte Stelle Zertifikate nach MDD oder AIMDD ausgestellt hat. Die Vereinbarung zum Übergang der Überwachung von der alten zur neuen Benannten Stelle sollte dabei den Prinzipien von Art.58, Abs.1 MDR folgen und festlegen, welche Dokumentation an die neue Benannte Stelle zu übergeben ist.
Auf Wunsch des Herstellers kann die Kennnummer der neuen Benannten Stelle auch auf den Bestandprodukten verwendet werden. Trotzdem darf die bisherige Benannte Stelle die Nutzung ihrer Kennnummer auf den Bestandsprodukten bis zum Ablauf der Übergangsfristen nicht untersagen.
Schließlich entfällt für alle Bestandsprodukte, unabhängig von der etwaigen Überführung in die MDR, die Abverkaufsfrist. Somit können alle Bestandsprodukte nach ihrem rechtmäßigen erstmaligen Inverkehrbringen in Abhängigkeit der ausgewiesenen Haltbarkeit verkauft werden.
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