Die Zeiten sind lange vorbei, in denen ein pharmazeutischer Hersteller vom Wirkstoff bis hin zum Fertigprodukt sein Arzneimittel selber hergestellt und womöglich auch noch vertrieben hat. Das Outsourcing, d.h. die Auslagerung von einzelnen oder sogar der überwiegenden Anzahl der Schritte im Rahmen der Herstellung und des Vertriebs eines Arzneimittels, sind in pharmazeutischen Unternehmen an der Tagesordnung. Entsprechende Anforderungen im Falle der Auslagerung von Aufgaben sind längst in die nationalen und internationalen regulatorischen Regelwerke eingeflossen [3, 24]. Es erfolgt eine Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten auf Zulieferer und Dienstleister, um Kostenvorteile zu realisieren und die eigene operative und strategische Marktposition zu verbessern [28]. Jedes Unternehmen muss für jeden einzelnen Schritt zum Fertigarzneimittel die Entscheidung treffen, ob make or buy der geeignete Weg ist.
Das bedeutet aber auch, dass die Lieferkette immer komplexer wird, die Anforderungen an die Qualitätssicherung steigen und der pharmazeutische Unternehmer im Sinne der Patientensicherheit den Überblick behalten muss, um alle für eine optimale Qualität der Produkte notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Dieser Artikel gibt einen Überblick, welche Teilbereiche oder Schritte im Rahmen der physischen Herstellung bis hin zur QP-Freigabe von Arzneimitteln und darüber hinaus ausgelagert werden können. Jedes einzelne Element stellt sich als Puzzleteil eines Batch-Release-Workflows dar, der bei einem erfolgreichen Batch-Release-Management in ein freigegebenes, qualitativ hochwertiges und auslieferbares Fertigarzneimittel mündet. Ein kurzer Exkurs beleuchtet die Freigabe im Bereich der Medizinprodukte und vergleicht diese mit der Herstellung und Freigabe von Arzneimitteln.
Die Motivationen, sich des Outsourcings zu bedienen, sind schnell zusammengefasst: Wenn ein qualifizierter Lieferant oder Dienstleister, preiswerter, schneller oder besser die Aufgaben abbilden kann als der Auftraggeber, fällt die Entscheidung für die Herausgabe von einzelnen oder umfassenden Aufgaben leicht. Das beauftragende Unternehmen kann sich auf das Kerngeschäft konzentrieren. Hinzu kommt, dass in Zeiten des Fachkräftemangels die Rekrutierung und Schulung von Mitarbeitern, die die notwendigen Aufgaben intern übernehmen könnten, kosten- und zeitintensiv sind. Zudem lassen sich Mitarbeiter mit der notwendigen Qualifikation schlichtweg nicht immer zum richtigen Zeitpunkt finden. Neben personellen Fragstellungen sind es oft auch physische Hinderungsgründe, die für ein Outsourcing sprechen: Nicht jedes Unternehmen ist motiviert, ein eigenes Analytiklabor, Herstellungsstätten, Lagerräume oder Auslieferfahrzeuge anzuschaffen, zu qualifizieren und in Stand zu halten.
Auch wenn heutzutage kaum noch ein Unternehmen komplett ohne Dienstleister und Services durch Dritte auskommt, sollte nicht vergessen werden, dass zwar Aufgaben ausgelagert und durch Dritte erledigt werden können, dass die übergeordnete Verantwortung jedoch immer bei der beauftragenden Partei d.h. bei dem Hersteller, pharmazeutischen Unternehmer oder dem Großhändler verbleibt. Dementsprechend geht Outsourcing oft auch mit Angst vor Kontrollverlust einher. Dieser Angst kann durch
erfolgreich begegnet werden.
Um diesen Outsourcing-Rahmen entsprechend umzusetzen, finden sich in den pharmazeutischen Regelwerken eine Vielzahl von Vorgaben.
Die Richtlinie 2003/94/EG zur Good Manufacturing Practice (GMP) legt in Artikel 12 die Rahmenbedingungen für die Auftragsherstellung fest [7]. In vier Punkten definiert sie die Prinzipien, die im Folgenden kurz zusammengefasst werden:
Diese Rahmenbedingungen finden sich teils wortgleich auch im § 9 AMWHV (Tätigkeit im Auftrag) [3] sowie im GMP-Leitfaden Teil I, Kapitel 7 (Ausgelagerte Tätigkeiten) [24]. Der zentralen Relevanz schriftlicher Qualitätsvereinbarungen im Rahmen von Outsourcing ist die amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittelüberwachungsbehörde (FDA) daneben sogar mit einer eigenen Leitlinie für die pharmazeutische Industrie nachgekommen [27]. Prägnant beschreiben auch die Guidelines on Good Distribution Practice (2013/C 343/01) der Europäischen Kommission [8], die für Logistik und Transport maßgeblich sind, in Kapitel 1.3 die notwendigen Verfahren zur Verwaltung ausgelagerter Tätigkeiten:
Diese drei Aspekte sind nicht nur für Logistik und Transport, sondern analog für sämtliche Outsourcing-Aktivitäten von essentieller Bedeutung. Weitere Anforderungen finden sich an zahlreichen Stellen etwa im GMP-Leitfaden sowie in internationalen Regelwerken, welche bei globaler Vermarktung entsprechend einzuhalten sind. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung betreffen diese vermehrt auch die Thematik Datenintegrität und den zugehörigen Data Life Cycle. Sowohl die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) [6] als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) [29] haben Vorgaben zum Umgang mit den im Laufe eines Produktlebenszyklus anfallenden Daten veröffentlicht. Die in diesem Zusammenhang geltenden Prinzipien ALCOA (Attributable, Legible, Contemporaneous, Original, Accurate) beziehungsweise ALCOA+ (wie oben, zzgl. Complete, Consistent, Enduring, Available) gelten dabei nicht nur für elektronische, sondern auch für papierbasierte Aufzeichnungen, und deren Einhaltung liegt hier ebenfalls in der übergeordneten Verantwortung des Auftraggebers.
Der Rahmen für die Sachkundige Person (Qualified Person; QP) in Bezug auf den Batch-Release-Workflow schließlich ist u.a. in Annex 16 Abschnitt 1.7.2. des GMP-Leitfadens beschrieben [2].
Insgesamt gleichen die Elemente im Herstellprozess damit Puzzleteilen, die ineinander greifen und sich für die Qualified Person zu einem Gesamtbild zusammensetzen müssen. Dieses Gesamtbild führt im positiven Fall zur Freigabe des Arzneimittels (siehe Abb. 1).
Wohl kaum ein Fertigprodukthersteller produziert heute noch alle Hilfs- und/oder Wirkstoffe selber. Insbesondere bei generischen Produkten wird in der Regel auf die Expertise spezialisierter Unternehmen zurückgegriffen, die die Ausgangsstoffe zu attraktiven Preisen und in guter Qualität zur Verfügung stellen. Diese Unternehmen sitzen oftmals in Asien, insbesondere in China und Indien. Für die Qualitätssicherung ist dies mit entsprechenden Anforderungen und Herausforderungen in Bezug auf Qualifizierung, Auditierung und Kommunikation verbunden.
In Bezug auf Hilfsstoffe sind die regulatorischen Anforderungen noch vergleichsweise überschaubar. Der Hersteller muss insbesondere eine Risikobewertung der verwendeten Hilfsstoffe vorweisen können. Damit einhergehend sind die Qualifizierung des Lieferanten und ggf. auch die Durchführung von On-site Audits. Um Kosten und Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten, haben sich in diesem Bereich Konsortien etabliert, die pharmazeutischen Firmen eine Plattform bieten, über die sie Auditberichte der Hilfsstoff-Herstellung für zahlreiche Lieferanten von eigens hierfür zertifizierten Audit-Organisationen beziehen können [17].
Zu Recht stärker im Fokus und mit nicht unerheblichen Anforderungen verbunden ist hingegen das Outsourcing der API-Herstellung. Genaue Vorgaben zur Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe finden sich in der ICH Q7 Guideline [19], in der Europäischen Union umgesetzt als EU GMP-Leitfaden, Teil II: Grundlegende Anforderungen für Wirkstoffe zur Verwendung als Ausgangsstoffe [25].
Pharmazeutische Unternehmer müssen die von ihnen beauftragten Hersteller von APIs und von bestimmten Ausgangsstoffen (sowie von Bulk- und Fertigarzneimitteln, siehe unten) auditieren und qualifizieren, um sicherzustellen, dass die Herstellung mit der ICH Q7 bzw. mit dem GMP-Leitfaden konform ist und um die entsprechenden Hersteller als zugelassene Lieferanten im Rahmen ihres Qualitätsmanagementsystems etablieren zu können. Nur so können GMP-Verstöße aufgedeckt und somit eine Patientengefährdung bestmöglich vermieden werden.
Annex 16 des GMP-Leitfadens beschreibt im zweiten Abschnitt, dass sich die QP auf Audits stützen kann, die von Dritten durchgeführt wurden [2]. Weiter wird dort unter Abschnitt 2.1 ausgeführt, dass ein Vertrauen auf eine Bewertung durch Dritte mit Kapitel 7 des GMP-Leitfadens in Einklang stehen sollte.
Die Auditierung von Wirkstoffherstellern kann also an spezialisierte Dienstleister ausgelagert werden, wahlweise individuell im Auftrag des beziehenden Unternehmens oder alternativ, bei entsprechender Qualität und Verfügbarkeit, durch den Bezug von fertigen Auditberichten Dritter.
Vor dem Aspekt der Ressourcenschonung wäre es sogar wünschenswert, dass insbesondere bei generischen APIs nicht jeder Wirkstoffkäufer jeden Hersteller auditiert, sondern dass Audits durch unabhängige Dritte erfolgen und der Qualitätssicherung/der Qualified Person zur Verfügung gestellt werden. Das Ziel einer derartigen Professionalisierung von API-Audits ist sowohl für Wirkstoffersteller und die beziehenden Unternehmen als auch für deren Überwachungsbehörden, dass zwar rein quantitativ weniger Audits durchgeführt werden, diese Audits dann aber zeitlich intensiver und qualitativ höherwertiger ausfallen [21].
Hier haben sich in den vergangenen Jahren Dienstleister etabliert, die Beziehern von APIs ein sogenanntes Audit-Sharing anbieten. Diese Dienstleister führen Audits dabei nicht selbst durch, sondern beauftragen akkreditierte Audit-Organisationen damit. Dadurch erfüllen die resultierenden Auditberichte einen gesicherten und dank Akkreditierung international anerkannten Qualitätsstandard und haben auch bei behördlichen Überwachungsaudits Bestand. Die Akkreditierung sorgt zugleich für deutliche Erleichterungen bei der Qualifizierung der Audit-Organisation nach den oben geschilderten Maßgaben des Annex 16 [2].
Neben Hilf- und Wirkstoffen können auch Packmittel, insbesondere Primärpackmittel einen maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Fertigarzneimittels haben. Dementsprechend sollten auch Lieferanten von Verpackungsmaterialien qualifiziert und überwacht werden, auch wenn Packmittel gemäß GMP-Leitfaden nicht zu den Ausgangsstoffen gehören. Annex 16, Kapitel. 1.7.6 führt aus, dass die Quellen und Spezifikationen der für die Charge verwendeten Verpackungsmaterialien der Genehmigung für das Inverkehrbringen entsprechen müssen [2]. Der Lieferant muss über Qualitätsmanagementsysteme verfügen, mit denen sichergestellt wird, dass ausschließlich Materialien in der erforderlichen Qualität geliefert wurden.
Die Herstellung von Primärpackmitteln, das heißt von Verpackungen mit produktberührenden Komponenten, erfolgt in der Regel auch extern. Folien für die Kapsel- oder Tablettenverblisterung, Tuben oder auch Glaswaren zur Abpackung für Lösungen werden bei spezialisierten Unternehmen bezogen und beim (Lohn-)hersteller dann für die Verpackung der Bulkware genutzt.
Andere Packmittel (Sekundärpackmittel) sind z.B. Packungsbeilagen, Broschüren, Etiketten oder Faltschachteln. Die Qualität von Sekundärverpackungen steht in der Regel weniger im Fokus der Qualitätssicherung. Sie dient dem Schutz der Primärverpackung, aber da keine direkte Produktberührung gegeben ist, spielt die rechts-/zulassungskonforme Beschriftung meist eine größere Rolle als die Funktion der Verpackung selber. Fehler in der Bedruckung oder in den gemäß der Richtlinie 2011/62/EU (Fälschungsrichtlinie) ggf. erforderlichen Sicherheitsmerkmale können allerdings weitreichende Folgen haben [15].
Aus Hilfsstoffen und Wirkstoffen wird die Bulkware hergestellt, die – abhängig von der Darreichungsform – direkt beim Hersteller der Bulkware auch verpackt wird oder ggf. auch zu einem weiteren Unternehmen verbracht und dort zum Fertigarzneimittel (Drug Product) verarbeitet und verpackt wird. Jeder einzelne, der mitunter zahlreichen am Prozess Beteiligten muss seitens des pharmazeutischen Unternehmens vertraglich verpflichtet, qualifiziert und überwacht werden.
Wichtig ist, wiederum gemäß Annex 16, die vertragliche Vereinbarung über die Tätigkeiten und die Kontrolle [2]. Zentrales Element ist auch hier in der Regel das Audit. Wie ein solches Audit abzulaufen hat und wie mit Herausforderungen umzugehen ist, ist in anderen Artikeln treffend beschrieben worden [20]. Neben solchen Routine-Audits, For Cause-Audits oder der Prüfung und Bewertung von Auditberichten Dritter gehört zur Kontrolle z.B. auch die Nachverfolgung von festgestellten Mängeln, das Einfordern und Prüfen von Key Performance Indicators (KPIs) sowie die Nutzung von Informationsmedien wie z.B. der Eudra-GMPD-Datenbank, die u.a. Non-Compliance Reports von Herstellern veröffentlicht und damit ihrerseits ein wichtiges Puzzleteil in der Bewertung der Herstell-(Non-)Compliance darstellen kann [13].
Sofern ein Arzneimittel nicht innerhalb von EU/EWR hergestellt sondern aus einem Drittstaat importiert wird, benötigt das importierende Unternehmen eine entsprechende Importerlaubnis. Die Voraussetzungen und Bedingungen sind mit denen einer Herstellerlaubnis weitestgehend gleichzusetzen. Mit weiteren Änderungen bzw. Harmonisierungen im Bereich des Arzneimittelimports wird seit Jahren gerechnet: Im Mai 2015 publizierte die EMA ein Concept paper on new guidance for importers of medicinal products, das in einen neuen Annex 21 des GMP-Leitfadens münden soll, der die Anforderungen bzgl. des Imports genauer bestimmt [11]. Hierzu zählt unter anderem der virtuelle, d.h. rein auf kaufmännischer Ebene erfolgende Import, ohne dass das Produkt physisch gehandhabt wird. Heute, vier Jahre später, existiert der geplante Annex 21 noch immer nicht. Allerdings hat die EMA in 2018 angekündigt, trotz des derzeitigen Umzugs an ausgewählten Dokumenten aktiv weiter zu arbeiten – darunter besagter Annex [10, 12]. Derweil stufen einige Überwachungsbehörden im In- und EU-Ausland den virtuellen Import bereits heute als erlaubnispflichtig ein und lassen ihn mit in die Überwachungspraxis im Rahmen von Inspektionen einfließen [5, 18].
Eine weitere aktuelle Entwicklung im Themenkreis Import ist die Erwartung mancher Überwachungsbehörden, dass auch lokale Lager respektive Anbieter von Logistikdienstleistungen eine Importerlaubnis für den physischen Import vorhalten müssen. Logistikdienstleister, die Ware geliefert bekommen und lagern, welche noch nicht von der QP freigegeben ist, werden also als Importeur im arzneimittelrechtlichen Sinne eingestuft. Dies stellt Dienstleister, die keine Eigentümer der Ware sind, zusätzlich vor entsprechende bürokratische und finanzielle Herausforderungen.
Auch die Themen Lagerung und der Transport gehören zum Batch-Release-Workflow. Dabei ist weniger die Lagerung und der Transport des Fertigarzneimittels gemeint, da sich diese in der Regel ja der Freigabe des Fertigproduktes anschließen, sondern – je nach individueller Supply Chain – vor allem der Transport der Ausgangs- und Wirkstoffe. Und auch Bulkprodukt muss z.B. vom Bulk- zum Fertigprodukthersteller transportiert werden und darf bei diesem Transportvorgang keine Qualitätseinbuße erfahren. Transportdienstleistungen erfolgen in der Regel durch Dritte, also durch spezialisierte Transportdienstleister, die vom pharmazeutischen Unternehmen für die spezifischen Anforderungen des Arzneimitteltransports qualifiziert und auditiert werden müssen.
An dieser Stelle offenbaren sich durchaus auch Nachteile eines primär auf Kostenvorteile abzielenden Outsourcings: Skaleneffekte können in einzelnen Dienstleistungsbereichen, etwa Teilen des GDP-konformen Transports innerhalb Europas, zu quasi-monopolistischen Strukturen führen. Diese wiederum gehen manchmal mit wenig zufriedenstellender Dienstleistungsqualität bei gleichzeitig begrenztem Einfluss- und Handlungsspielraum der Auftraggeber einher. Solchen Herausforderungen im Rahmen des Outsourcings muss der Auftraggeber wirksam begegnen.
Eng verbunden mit der Import-/Chargenfreigabe ist die dafür notwendige Analytik, die durch ein internes wie auch oft ein externes Analytiklabor durchgeführt werden kann.
Beim Import von Arzneimitteln erfolgt einerseits eine Analyse im Ausfuhrland selber sowie (bei Non-MRA Ländern) eine Re-Analyse in einem qualifizierten, in der EU ansässigen Labor, um die geforderte Qualität der Arzneimittel zu bestätigen.
Neben der Freigabe-/Importanalytik bedarf es auch an vielen anderen Stellen analytischer Untersuchungen. Dazu zählen In-Prozess-Kontrollen, die üblicherweise direkt beim (physischen) Hersteller erfolgen oder (On-going-)Stabilitätsprüfungen, die indirekt mit dem Batch-Release-Workflow verknüpft sind.
Die Qualified Person kann bzw. soll im Rahmen der Freigabe auch auf Ergebnisse der On-going-Stabilitätsprüfung zurückgreifen. Zudem sind diese Untersuchungen Teil des Product Quality Reviews (PQR), welcher in der Regel jährlich vom Hersteller zur Bewertung der Produktqualität erstellt wird [22]. Hier besteht die Möglichkeit, nicht nur die Freigabeanalytik selbst extern zu vergeben, sondern auch das Testieren derselben auf eine externe Qualified Person zu übertragen und sich gemäß Annex 16 bei der Chargenfreigabe auf dieses Labor-QP-Testat zu beziehen.
Im Zuge stetig wachsender Automatisierung kommt auch bei der Laboranalytik den Grundsätzen der guten Dokumentationspraxis im Bereich der computergestützten Systeme eine sehr hohe Bedeutung zu. Sowohl im Annex 11 als auch im bisherigen Entwurf zur PIC/S Guidance on Data Integrity wird die Verfügbarkeit und Lesbarkeit von freigaberelevanten Daten bzw. explizit ein Audit Trail Review vor der Chargenfreigabe gefordert [1, 26]. Eine Voraussetzung dafür ist der ausschließliche Einsatz validierter Computersysteme, wobei hier oft auf externe IT-Dienstleistungen zurückgegriffen wird, welche folglich in entsprechenden Verantwortungsabgrenzungsverträgen abzubilden sind.
Auch die Freigabe des Arzneimittels selbst kann ausgelagert werden. Sofern von Arzneimittel-Freigabe gesprochen wird, muss unterschieden werden, ob das Arzneimittel in der EU hergestellt worden ist und diese (weder finanziell noch physisch) verlassen hat, oder ob es sich um einen Import aus einem Nicht-EU Land handelt.
Bei der Import- und Chargenfreigabe liegt die finale Freigabe-Verantwortung bei der Qualified Person. Diese kann beim pharmazeutischen Unternehmen respektive Auftraggeber angesiedelt sein. Alternativ kann die QP-Freigabe auch beim physischen Hersteller des Fertigproduktes erfolgen, d.h. die Zertifizierung erfolgt durch dessen QP. Schließlich ist auch eine Freigabe von einer vom physischen Hersteller des Fertigprodukts unabhängigen Einheit möglich.
Die verschiedenen Optionen werden alle parallel im Markt genutzt, da sich – je nach Modell – verschiedene Notwendigkeiten ergeben. Es erscheint zunächst praktisch, dass der physische Hersteller auch die QP-Freigabe des finalen Produkts übernimmt. Dies ist jedoch nicht immer gewünscht. Beispielsweise bevorzugen Auftraggeber oftmals die Prüfung des Herstell-Ergebnisses durch eine unabhängige, dritte Instanz. Dienstleistungsunternehmen haben sich auf solche Freigaben von Arzneimitteln (und Medizinprodukten) spezialisiert und sind mit entsprechender Erlaubnis durch die überwachenden Behörden ausgestattet [23].
Die Anforderungen um behördlicherseits als Qualified Person anerkannt zu werden sind hoch. Neben einem einschlägigen Studium (Pharmazie, Chemie, Biologie, Medizin) ist gemäß Artikel 49 Richtlinie 2001/83/EG eine entsprechende, mindestens zweijährige relevante praktische Tätigkeit in einem Unternehmen mit Herstellerlaubnis erforderlich [14]. Der für diese Funktion in Frage kommende Personenkreis ist damit recht überschaubar. Daher greifen auch pharmazeutische Unternehmen, die die QP-Freigabe im eigenen Haus durchführen, häufig interimsweise oder auch auf Dauer auf externe Qualified Persons zurück.
Auch Medizinprodukte unterliegen einer formellen Freigabe, bevor sie in den Markt und damit zum Patienten / Verbraucher gehen. Diese Freigabe erfolgt durch den legalen Hersteller im Sinne des Medizinproduktegesetzes [4] bzw. der europäischen Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (Medical Device Directive, MDD) [9], und auch diese Aufgabe wird vielfach an spezialisierte Anbieter ausgelagert. Mit der Revision des Medizinprodukterechts im Zuge der neuen Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) [16] wird die eine Für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person eingeführt, deren Qualifikation, Aufgaben und Verantwortlichkeiten detailliert in Artikel 15 MDR geregelt sind. Das aus dem Arzneimittelrecht bekannte Modell der persönlichen Verantwortungsübernahme findet damit Eingang in das Medizinprodukterecht. Analog dem Outsourcing von QP-Dienstleistungen beginnen Medizinproduktehersteller aktuell bereits, auch diese neue Aufgabe an externe Dienstleister zu vergeben.
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen alle Themen und Dienstleistungen erörtern zu wollen, die heute im pharmazeutischen Umfeld ausgelagert werden oder für die zumindest die Möglichkeit dazu besteht. Nicht näher beleuchtet, aber gleichermaßen bedeutend, sind die Auslagerung von spezialisierten IT-Anwendungen: Warenwirtschaftssysteme (ERP); elektronische Dokumentenmanagementsysteme; Freigabesysteme; IT-basierte Trainingstools; HVA-Überwachungssysteme; Serialisierungssysteme etc. All diese Elemente kann ein Unternehmen kaum in Eigenleistung entwickeln, sie sind aber für das Management der komplexen Strukturen unerlässlich.
In der Realität, das lässt sich ohne Übertreibung festhalten, kommt heute kein pharmazeutisches Unternehmen mehr ohne Outsourcing aus.