Nanomaterialien bieten vielfältige Chancen neue Produkte mit besserem Nutzen für Mensch und Umwelt zu entwickeln. Teilchen in Nanomaßstab besitzen oft neuartige optische, mechanische, elektrische oder thermische Eigenschaften. Nanomaterialien sind daher Gegenstand intensiver Forschung, auch in Bezug auf ihre Sicherheit. Der EU-Gesetzgeber sieht dies jedoch noch nicht ausreichend wissenschaftlich erarbeitet. Er hat daher in der MDR neue Regelungen für Medizinprodukte mit Nanomaterial eingeführt.
Die Textstellen zu Nanomaterial in der MDR sind in dem sonst so umfangreichen Dokument recht überschaubar. Dafür sind die Anforderungen sehr konkret. Kurz, aber kräftig, so lässt sich das zusammenfassen.
Aufgenommen wurde zunächst eine Definition von Nanomaterial, die auf der Empfehlung 2011/696/EU der Kommission basiert. Danach ist Nanomaterial definiert als:
In der Definition ist insbesondere der Begriff „Anzahlgrößenverteilung“ zu beachten. Ein pulverförmiges Material, das in der Korngrößenverteilung ggf. nur einen geringen Anteil im Nanometerbereich hat, kann dennoch in der Anzahlgrößenverteilung über 50 % kommen, denn relevant ist nicht der Gewichtsanteil, sondern die Anzahl. Und sehr kleine Teilchen bedeutet: sehr viele Teilchen.
Nanomaterial erhält in der MDR jetzt erstmals eine eigene Klassifizierungsregel. Regel 19 lautet:
Alle Produkte, die Nanomaterial enthalten oder daraus bestehen, werden wie folgt zugeordnet:
Die Klassifizierungsregel wirft sofort einige Fragen auf. Was bedeutet interne Exposition? Und wie legt man fest, was hohe, mittlere, niedrige und unbedeutende Exposition ist? Hier scheint Streit über die Auslegung der Regel vorprogrammiert.
Dazu muss es nicht kommen. Vorgaben gibt es in einer Leitlinie der EU: „Guidance on the Determination of Potential Health Effects of Nanomaterials Used in Medical Devices”. Erstellt wurde es vom „Scientific Committee on Emerging Newly Identified Health Risks” (SCENIHR) und datiert in der finalen Version vom 6. Januar 2015. Hier finden sich dann die Antworten für all das, was in der MDR nur kompakt wiedergegeben ist, auf umfangreichen 77 Seiten.
Der risikobasierte Ansatz der Leitlinie orientiert sich an dem generellen Konzept zum Nachweis der Biokompatibilität gemäß ISO 10993-1. Es erfolgt die bekannte Kategorisierung der ISO 10993-1 nach Art des Körperkontakts und der Kontaktdauer. Dies wird kombiniert mit der physikalischen Verfügbarkeit des Nanomaterials. Liegt es frei vor, oder ist es schwach oder stark gebunden oder gar eingeschlossen? Am Ende werden abhängig von dem Ausmaß der möglichen Exposition und seiner Dauer die notwendigen toxikologischen Studien festgelegt. Schaut man sich die geforderten Untersuchungen an, so zeigt sich, dass bei niedriger und unbedeutender Exposition keine zusätzlichen nanospezifischen Tests erforderlich sind. Diese werden bereits durch die üblichen Tests zur Biokompatibilität nach der ISO 10993-Normenreihe abgedeckt.
Der Aufwand, den der Einsatz von Nanomaterial in Medizinprodukten spezifisch einfordert, kann daher sehr unterschiedlich sein. Besteht kein Risiko einer internen Exposition, so sind keine zusätzlichen Studien erforderlich. In vielen Fällen wird sich auch die Klassifizierung nicht ändern. Eine Darlegung des Sachverhaltes in einer Expositionsbewertung wird als Nachweis jedoch in jedem Fall erforderlich sein. Diapharm kann Ihnen hierbei behilflich sein. Sprechen Sie uns an!